Generation Philophobie

07:36







Manche Gedanken lassen einen nicht los.


Gedanken der Sorte Konjunktiv Präteritum.


Hätte, hätte Fahrradkette.


Dieser ist einer.

Nach Generation Golf, Generation Praktikum und Generation Dumm folgt nun, in den 2010er Jahren Generation Unentschlossen. Generation Narzissmus. Generation Philophobie.

Die Menschen sind in die Subjektivitätsfalle getappt wie die Motten in das Licht fliegen. Es fühlt sich auch zu gut an, nur um sein eigenes Wohl Gedanken machen zu müssen und Politik und Weltgeschehen auszublenden. „Nicht schon wieder eine Katastrophe, das halt ich nicht aus“ oder „Was betrifft mich eigentlich Japan?“.

Nicht nur ein grundlegender Mangel an Mitgefühl ist heute der Normalfall, sondern auch das auf sich selbst fixiert sein und das Empfinden, das eigene Schicksal sei zugleich das schlimmste. Eigentlich einleuchtend, schließlich sieht derjenige, der sich nur mit sich selbst beschäftigt, auch nur sein eigenes Leid. Neu ist diese Beobachtung nicht wirklich, man denke nur die Selbstliebe des Narziss. „Freud meinte mit Narzissmus die Libido, die auf das eigene Ich gerichtet ist, anstatt auf die Objekte. Dies führt zu einer Charaktereigenschaft, bei der ein geringes Selbstwertgefühl durch übertriebene Einschätzung der eigenen Wichtigkeit und dem großen Wunsch nach Bewunderung kompensiert wird“ (Wikipedia).

Man spinne den Gedankenfaden weiter. Wenn denn nun jeder ein kleiner Narziss sein sollte, wo ist hier Platz für die Liebe? Generation Egoismus? Generation Lieblos?

Die ernüchternde Antwort: Nirgends.

In diesem Sinne kann ich nur hoffen, wir bleiben Generation Dumm und unsere Gesellschaft wandelt sich nicht im großen und ganzen um zu Generation Narzissmus.

Doch im Mikrobereich, in meiner Wahrnehmung, scheint das Phänomen, dass immer weniger junge Menschen sich auf ernsthafte Beziehungen mit dem anderen Geschlecht einlassen, weit verbreitet. Vielleicht mag es der „falsche Umgang“ sein. Vielleicht auch meine schlechten Erfahrungen, die meine Objektivität hier trüben. Aber dennoch steckt ein Funken Wahrheit darin, dass viele Menschen an Bindungs- oder Beziehungsängsten leiden oder sich einfach über die Jahre eine „dicke Haut“ zugelegt haben oder liebestechnisch im Laufe der Zeit „abstumpfen“. Die Bereitschaft, sich gegenüber einem andern Menschen zu öffnen, sich fallen zu lassen oder „gehen zu lassen“ (im positiven Sinne: man selbst zu sein und nicht zu schauspielern) nimmt ab. Möglicherweise ist man auch einfach nicht mehr so naiv.

Aber zu welchem Preis? Zum Preis des Geborgenseins. Diesen Preis zahlt man heutzutage. Stattdessen muss man sich entscheiden, ob man sich auf etwas Unverbindliches einlässt oder es einfach bleiben lässt. Doch diese Fast-Food Liebe ist ungesund, sättigt nicht lang und bei übermäßigem Konsum führt sie nur zu Ernüchterung oder größerem Kummer. Also ich will lieber ein anständiges Essen.


Ich wünsche guten Appetit.

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