Über meine Vorbilder

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Auf meiner Suche nach einem Orientierungspunkt im Leben bin ich darauf gestoßen, dass Menschen meine hochgesteckten Erwartungen nie so vollkommen erfüllen können wie in meiner Fantasie. Das bedeutet nicht, dass das ein Grund wäre sie weniger zu lieben. Daher ist meine Vorstellung von einem unerreichbaren Ideal mein Antrieb, wenn ich auch weiß, es nie erreichen zu können. Es gibt dabei nicht nur sehr persönliche Ideale, sondern auch zeitlose Ideale wie die der Tugendhaftigkeit. Deshalb bin ich auch sehr interessiert an Mythologie und ähnlichen Themen. Das Frauenbild in der heutigen Zeit wird von viel zu vielen Erwartungen geprägt, die durch die Emanzipation nur noch höher wurden, auch wenn sie mehr Freiheit für die Frauen in ihrer Gesamtheit bedeuteten. Jede Frau muss sich fragen, was sie im Leben will, wo ihre Prioritäten liegen. Meine liegen zur Zeit darin, Zeit für mich UND für meine Freunde zu haben und das Leben voll auszukosten, was auch Druck ist, aber positiver Stress. Ich habe lange überlegt, welche mythische Figur, welches Abstraktum alles vereint, wonach ich strebe. Und es gibt viele Personifikationen in der antiken, griechischen, hinduistischen, austrasischen oder germanischen Mythologie. Viel zu viele. Wenn ich irgendwie Zeit finde, werde ich neben meinen Pflichten und meinem essenziellen sozialen Freizeitvergnügen das Buch „Wo hat Prometheus das Feuer versteckt“ von K.C. Davis zu ende lesen. Es wird mir sicher helfen, in diesem Punkt zu einleuchtenden Ergebnissen für mich zu kommen. Es gibt aber sieben Kardinaltugenden, die sich über lange Zeit hinweg bewährt haben. Es sind Giottos drei göttliche Tugenden: Glaube, Liebe, Hoffnung und vier weitere allegorischen Tugenden, die dem Konsens nach Platon zuzurechnen sind: Justitia (die Gerechtigkeit), Fortudo (Tapferkeit), Sapietia (Weisheit), Temperania (Mäßigung). Und jetzt ist mir auch klar, warum ich mir das Leben so schwer mache und was für unterschiedliche Ambitionen in mir zeitweilen zu einem Zwiespalt und Probleme bei spontanen Entscheidungen sorgen. Die sieben Tugenden, der Grundlegende Glaube an Giottos drei heilige, theleologische Tugenden und die vier weiteren nicht weniger wichtigen virtuosen Maßstäbe setzen einem Grenzen und Ziele im Leben. Wenn schon diese Tugenden in der Mythologie absolut körperlich getrennt sind, dann brauche ich nicht zu glauben, dass ich die Perfektion aller Tugenden in einem Körper erreichen kann. Aber es ist besser einen solchen Maßstab zu haben und sich auf ihn berufen zu können, als sich eingestehen zu müssen, dass es nichts gibt, an das man glaubt, wovon ich jahrelang betroffen war und in meinem Denken nur eine vage Vorstellung von erreichbaren Idealen hatte. Den Vorwurf der Blasphemie habe ich von einer bestimmten Person sogar schon manches mal erhalten. Ich war kein Moralapostel und ich bin auch keine Heilige, dafür müsste ich schon immer so gelebt haben wie ich gerade in dieser Phase meines Lebens denke. Ich will nur wissen, wenn es hart auf hart kommt, wie ich reagieren muss, damit ich nach bestem Wissen und Gewissen die richtige Wahl treffen. Klingt fast schon zu vernünftig für eine zweiundzwanzigjährige Frau. Aber wie ein Bekannter von mir so schön in seinem Profil stehen hat, gilt auch für mich: Für eine Sekunde Leidenschaft wirft sie alle Vernunft über Bord.

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